Fachkräftemangel – Selbstverantwortung versus Versäumnisse von Politik und Wirtschaft
Quelle: Tagesanzeiger 6.11.2021
Ich kann nicht wirklich sagen, dass ich mich über diesen Artikel geärgert habe. Dennoch hat er mich die letzte Woche gedanklich immer wieder begleitet. Mittlerweile denke ich, dass die wichtige Thematik in diesem Artikel für meinen Geschmack einfach zu einseitig präsentiert wurde. Er untergräbt die Selbstwirksamkeit und auch die Selbstverantwortung jedes einzelnen von uns und suggeriert irgendwie, dass wir in jedem Fall vom Wirken der Politik und Wirtschaft abhängig sind. Und da bin ich anderer Meinung.
Wir wohnen in diesem wunderbaren Land namens Schweiz. Wir sind uns in der Regel darüber einig, dass wir uns unglaublich privilegiert schätzen dürfen, in diesem Land zu leben und zu arbeiten. Uns allen scheint das bewusst zu sein.
Ist es also einfach der Macht der Gewohnheit wegen und erachten es fast wie ein «Schweizer Geburtsrecht», dass alles zu unserer vollsten Zufriedenheit ablaufen sollte und wir gewisse Unannehmlichkeiten lieber an Politik und Wirtschaft delegieren?
Ich will die in diesem Artikel vorgetragenen Problemfelder auf keinen Fall kleinreden. Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir einiges bereits sehr gut aufgegleist haben und dass wir alle dazu beitragen können, dem Fachkräftemangel nachhaltig entgegen zu wirken.
Z.B. finde ich den nationalen Zukunftstag für Mädchen und Jungs eine tolle Sache. Eltern, welche ihren Kindern ermöglichen, Einblick in verschiedene Berufsalltage zu erhalten. Unternehmen, welche diesem Aktionstag die notwendige Wichtigkeit beimessen und möglichst viele Kinder willkommen heissen. Schulen, welche den Schüler*innen mit dem Berufswahlunterricht ermöglichen, ein vielfältiges Bild aller möglichen Berufe zu bekommen. Unternehmen, welche «schnuppernde» Jugendliche willkommen heissen und damit die Wichtigkeit dieses Projektes bekräftigen. Mütter und Väter, welche neben der herausfordernden und anerkennungswürdigen Lebensaufgabe des Elternseins, weiter im Beruf tätig bleiben und somit den Kindern die Selbstverständlichkeit vorleben, dass es Freude
macht, seinen Beruf auszuüben und schön ist, dafür auch Wertschätzung und Anerkennung zu erhalten u.s.w.
Ganz klar, Politik und Wirtschaft müssen die Thematik des Fachkräftemangels ernst nehmen und in ihrer Möglichkeit über Lösungen diskutieren und letztendlich auch Möglichkeiten schaffen, damit wir wieder einen Schritt weiterkommen.
Gleichzeitig können wir alle unseren Teil dazu beitragen indem wir selber die Verantwortung übernehmen und in unserem Bereich nach Lösungen suchen und diese umsetzen. Wir leben in der Schweiz und gehören damit zu den privilegiertesten Menschen auf dieser Welt.
Vieles ist definitiv möglich!